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fibbo
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Beitrag von fibbo » Sa Sep 20, 2008 12:50 am

JoeCool hat geschrieben:@unixbook
In Kassel gibt es wohl dies und das von Beuys, u.a. seine "1000 Eichen",


Du meinst sicher das hier:

Quelle:
(Link wurde entfernt)

...Einem anderen Projekt war dagegen ein grandioser Erfolg beschieden – 7000 Eichen anlässlich der documenta 7 1982 in Kassel. Dort pflanzte Beuys am 19. Juni, dem Eröffnungstag der Ausstellung, den ersten Baum auf dem Friedrichsplatz vor dem Museum Fridericianum, und dort wollte er fünf Jahre später, am ersten Tag der documenta 8, die letzte der 7000 Eichen pflanzen. Der Tod hindert ihn daran. Aber die Idee zündete. "Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung" heißt damals, 1982, Beuys' Parole. Sein Plan: Im Rahmen einer großen ökologischen Aktion sollen 7000 Eichen im Stadtgebiet von Kassel gepflanzt werden - und neben jeder gepflanzten Eiche soll eine 1,20 m hohe Säule aus Basalt stehen. Kostenpunkt für den Erwerber des Beuysschen Werks einschließlich Transport, Pflanz- und Aufbauarbeit: 500 Mark. Die Gesamtkosten werden auf rund 4 Millionen Mark geschätzt. Es gibt - neben einer Spendenbestätigung - ein von Beuys signiertes Baumdiplom mit dem Stempel der "Free International University".
Als die 7000 Basaltblöcke 1982 auf dem Friedrichsplatz zu einem keilförmig strukturierten Gebirge aufgetürmt werden, hagelt es Proteste der Bürger. Die Rede ist von einer Verschandelung der "guten Stube" von Kassels City. Das "ökologische Zeichen", das Beuys setzen will, möchten sie nicht akzeptieren. Autofahrer befürchten den Verlust ihrer Stellplätze, andere treibt die Sorge, dass die ungestüme Stadtverwaldung sich eines Tages, wenn die Bäume hoch und höher wachsen, als Gefahr für die Gas- und Stromversorgung erweisen könnte.
Freilich: Das Kasseler Koordinierungsbüro 7000 Eichen kann stolze Erfolgsmeldungen herausgeben: Ortsbeiräte, Vereine und Bürgerinitiativen machen Standortvorschläge, zahlreiche Außenanlagen von Schulen und Kindergärten, viele Spielplätze können mit Beuys-Bäumen begrünt werden, ja es gibt auch genügend Bürger, die keine Vorurteile haben oder sie überwinden konnten und die dazu beitragen, dass die Bäume in ihren Straßen in den Himmel wachsen dürfen. Allerdings sind die meisten Bäume - neben Eichen noch Eschen, Linolen, Plantanen, Ahorne, Kastanien etc. - gespendet worden, zu einem kleinen Teil von Kasseler Bürgern und Institutionen, zum größten Teil von auswärtigen Sponsoren; die Japaner schießen mit weit über 1000 Patenschaften den Vogel ab. Als Beuys stirbt, sind 5500 Bäume gepflanzt. Hätte er seinen 65. Geburtstag am 12. Mai 1986 noch erlebt, wäre er über die Nachricht, dass inzwischen 6100 Bäume mitsamt den Basaltblöcken in Kassel ihren festen Standort gefunden haben, sicherlich sehr glücklich gewesen. Zur Eröffnung der 8. documenta am 12. Juni 1987 pflanzt Sohn Wenzel im Beisein von Eva Beuys das 7000. Stück. Kassel hat somit eine über Jahre gewachsene Plastik erhalten, die wohl die größte ökologische Plastik auf der Erde ist.

Aus: Heiner Stachelhaus, Joseph Beuys. List Taschenbuch, Berlin 2006, ISBN-13: 978-3-548-60607-1



und für diejenigen, die immer noch denken der Beuys sei nur ein hohler Spinner, hier mal eine kleiner Lebenslauf und ein Text (gleiche Quelle):

Geboren in Krefeld, Gymnasium in Kleve. Schon in der Jugend war Beuys begeistert von der Natur, seine Leidenschaft für Spaziergänge entwickelte sich sehr früh.
Die Naturwissenschaften wecken sein Interesse, Beuys beabsichtigte, Medizin zu studieren. Drei Jahre vor dem Abitur begann er sich für Bildhauerei zu faszinieren.
Ein Jahr vor dem Abitur brach Joseph Beuys die Schule ab, schloss sich einem Wanderzirkus an. Sein Vater wollte ihn daraufhin in die Lehre in eine Margarinefabrik schicken, doch die Lehrer des Gymnasiums überzeugten ihn dann doch, sein Abitur abschließen zu lassen.
1938 veranstalteten die Nationalsozialisten im Schulhof des Klever Gymnasiums eine Bücherverbrennung, an der Joseph Beuys als Mitglied der Hitlerjugend teilnahm. Zufällig stieß er auf einen Bildband des als „entartet“ eingestuften Bildhauers Wilhelm Lehmbruck, den er vor dem Feuer bewahrte und für sich behielt.
Die Beschäftigung mit der Bildhauerei brachten Joseph Beuys darauf, alles Leben „plastisch“, sich selbst, seine Umwelt als plastisch formbar, im erweiterten Sinn auch die Gesellschaft als „soziale“ Plastik zu begreifen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Beuys in Polen zum Kampfflieger ausgebildet. Einer seiner Vorgesetzten war Heinz Sielmann, später bekannt als Zoologe, mit dem er Freundschaft schloss.
1943 nach dem Abschuss auf der Krim, wurde er schwer veletzt von nomadisierenden Tartaren gefunden und mit Fetten und Filzbandagen gepflegt. Nach seiner Genesung verweigerte Beuys einen erneuten Einberufungsbefehl, wurde deswegen zwar nicht erschossen, weil er zuvor wiederholt aufgrund seiner außergewöhnlichen Tapferkeit ausgezeichnet worden war, aber doch bis zum Ende des Krieges zu den Fallschirmspringern nach Holland strafversetzt.
Nach dem Krieg schlitterte Joseph Beuys in eine schwere Lebenskrise, als ihn 1954 seine Verlobte verließ. Depressionen hinderten ihn jahrelang, sein Haus zu verlassen. Ein Brüderpaar, Jugendfreunde, die einen Bauernhof bewirtschafteten, kümmerten sich um ihn, bis er sich wieder erholt hatte.
Zusammengefasst von Maria Peham



und noch ein interessanter Text:

Mit dem Begriff vom Frieden ist in der geschichtlichen Entwicklung sehr viel Unfug getrieben worden. Ursprünglich war "Frieden" sicher ein ungeheuer aktiver Begriff, der jedoch im Laufe der Zeit einen Besänftigungscharakter erhalten hat. Wenn man Krieg und Kampf auf die Bewusstseinsebene überträgt und damit die äußeren Kriege vermeidet, dann hat man einen positiven Zustand von Frieden erreicht. Der Ideenkrieg mit sich selbst wäre der eigentliche wünschenswerte Frieden.
Ich kann nur sagen, wenn ich diese vielen Zeichnungen nicht gemacht hätte, hätte ich auch die politische Arbeit nicht machen können. Ich glaube, dass ich auch ganz falsche Begriffe in meinem Kopf herumwälzen würde, wenn ich diese Arbeit nicht gemacht hätte. Ich halte diese Zeichnungen immer noch für eine der wichtigsten Sachen, die ich überhaupt gemacht habe, denn diese ganzen Versuche oder Experimente in der Zeichnung sind für mich ein unendlich wichtiger Apparat.
Ich werde einfach sagen: Wenn ihr wollt, dass im Bundestag einmal einer seinen Mund aufmacht und das, was ihr für wünschenswert haltet, auch beim Namen nennt, dann könnt ihr mich wählen. Ich werde das versuchen, so gut ich das kann. Ich bekenne mich absolut dazu, dass ich alles aus der Kunst herleite: das werde ich den Wählern auf der Straße sagen, dass der Begriff der Politik so schnell wie möglich eliminiert werden muss und ersetzt werden muss durch die Fähigkeit des Gestaltens, durch die menschliche Kunst. Ich will nicht Kunst in die Politik hineintragen, sondern die Politik zur Kunst machen.
Akademien, die eine Persönlichkeit vom Range des Joseph Beuys nicht verkraften können, haben zweifellos das Recht verwirkt, Lehrstätten der Jugend zu sein. Wenn hier keine neuen Ideen erprobt werden können, wo sonst?
Es muss klargemacht werden: je distanzierter und hermetischer die Ereignisse auf der Bühne vorgeführt werden, desto klarer und vernünftiger kann der Zuschauer diese Abstrakta auf seine eigene Situation draußen konkretisieren. Wenn ihm aber alles schon fertig, konkret, als Inhalt vorgeführt wird, wird ihm die wichtige Arbeit der Konkretisierung weggenommen, und er buht.
Durch Recherchen und Analysen kam ich zur Erkenntnis, dass die beiden Begriffe Kunst und Wissenschaft in der Gedankenentwicklung des Abendlandes diametral entgegenstehen, dass aufgrund dieser Tatsachen nach einer Auflösung dieser Polarisierung in der Anschauung gesucht werden muss und dass erweiterte Begriffe ausgebildet werden müssen.
Ich will ja nicht zur magischen oder mythischen Welt zurück, sondern ich will an Hand dieser Bilder Geschichtsanalysen betreiben, also ein geschichtsanalytisches Element zum Bewusstsein bringen.
Aber mir lag nicht daran, die Logik weiterhin einseitig anzusprechen; mir lag daran, dass alle im Unterbewusstsein vorhandenen Residuen aufgebrochen und in Form eines chaotisch lösenden Vorgangs regelrecht in Turbulenz versetzt werden, denn der Anfang des Neuen findet stets im Chaos statt.
All meine Aktionen - seien sie nur bildnerischer oder begrifflicher Art - liegen in Form von Bildern Begriffe menschlicher Grundkräfte zugrunde. Beispielsweise die Kraft der Selbstbestimmung, die die ursprüngliche Form von Kreativität ist. Bei all meinen Aktionen wird das Publikum aktiv herangezogen, wobei eine soziale Architektur erreicht wird. Eine Gesellschaftsordnung wie eine Plastik zu formen, das ist meine und die Aufgabe der Kunst. Sofern der Mensch sich als Wesen der Selbstbestimmung erkennt, ist er auch in der Lage, den Weltinhalt zu formen.
Der Hase hat direkt eine Beziehung zur Geburt. Für mich ist der Hase das Symbol für die Inkarnation. Denn der Hase macht das ganz real, was der Mensch nur in Gedanken kann: er gräbt sich ein, er gräbt sich einen Bau. Er inkarniert sich in der Erde, und das allein ist wichtig. So kommt er bei mir vor.
Mit Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit Denken zu tun hat. Die menschliche Fähigkeit ist nicht, Honig abzugeben, sondern zu denken, Ideen abzugeben. Dadurch wird der Todescharakter des Gedankens wieder lebendig gemacht. Denn Honig ist zweifellos eine lebendige Substanz. Der menschliche Gedanke kann auch lebendig sein. Er kann aber auch intellektualisierend tödlich sein, auch tot bleiben, sich todbringend äußern etwa im politischen Bereich oder der Pädagogik.

Beuys Zitate tw. gekürzt aus: Joseph Beuys, Leben und Werk, v. Götz Adriani, Winfried Konnertz, Karin Thomas, DuMont Buchverlag Köln. Für die Kunstvermittlung im MuMoK Wien ausgewählt und zusammengestellt von Mag. Christiane Wustinger.

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